"Herr deine Güte reicht, so weit der Himmel ist und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen."

Wie weit reicht der Himmel und wie weit ziehen die Wolken Neues Bild? Der Himmel, das ist das Blau, vor dem die Sonne strahlt und das Schwarz der Nacht, an dem die Sterne flimmern und wir wissen: Es ist unendlich weit. Wo wir auch hinfliegen wollten, der Himmel ist schon da. Und die Wolken ? Die Wolken ziehen dahin, wo sie sich abregnen oder wo sie sich in der Wärme der Sonnenstrahlen auflösen. Von unserem Standpunkt geschieht das meist weit hinter dem Horizont. Wir können es nur erahnen, wo das sein wird. Aber so ist das mit Gottes Güte und Wahrheit: Gottes Zuwendung ist grenzenlos, viel weiter als unser begrenzter Horizont es zu sehen, es zu erfassen mag. Vor allem aber reicht Gottes Zuwendung weiter als menschliche Schlechtigkeit. Der Psalm, aus dem der Spruch stammt, hat es nämlich mit der abgrundtiefen Schlechtigkeit der Menschen zu tun. Menschen können abgrundtief böse sein, können so fies werden, so hinterhältig und scheinheilig, dass einem die Freude am Leben vergeht. Wer in solchen Situationen auf das Böse schaut und den Blick davon nicht lösen kann, geht innerlich zu Grunde. Deshalb gibt der Bibelspruch eine andere Blickrichtung. Nicht in die Niederungen unserer eigenen Schlechtigkeit und der Schlechtigkeit der Anderen sollen wir schauen, sondern wir sollen den Blick zum Himmel erheben. Trotz der Wirren und Gemeinheiten sollen wir den Blick auf Gott und seine Liebe lernen. Er möchte uns seine Zuwendung schenken und die Strahlen seiner Liebe wollen uns wärmen, so wie die Sonne an einem Spätherbsttag wohltuende Wärme auf unserer Haut spüren lässt. Vielleicht öffnen sich bei so einem Blick unsere Herzen und entkrampfen unsere Seelen. Gott meint es gut mit uns.

Bewahre uns vor dem naiven Glauben,
es müsste im Leben alle glatt gehen.
Schenke mir die nüchterne Erkenntnis,
dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge,
Rückschläge eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind,
durch die wir wachsen und reifen. 
                                                        Antoine de Saint-Exupéry

Wolfgang Müller, Massenbach