Der Geringste

"Was Ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern (die Schwestern sind auch gemeint), das habt ihr mir getan." (Matth. 25,40a) Diese Aussage Jesu gehört eher zu den bekannteren Bibelversen - aber wie geht es uns damit?
Vielleicht stöhnen Sie :"Tu ich nicht schon genug für meine Familie, als Ehrenamtliche/r, in der Gemeinde, im Elternbeirat, im Verein...? soll ich denn noch mehr tun?
Dann kann man sich auch fragen "Wer ist eigentlich der Geringste ?" "Die geistig behinderten Menschen in Bethel für die ich meine Kleiderspende hinausgestellt habe ?" Ja zum Beispiel.

Ich glaube es ging Jesus aber noch um andere Aspekte:
Keiner möchte heutzutage "gering" sein. Wir möchten stark, erfolgreich und geachtet sein aber bestimmt nicht "gering". Trotzdem kennt wohl jeder die Gefühle wenn man "unten" ist, wenn man sich klein fühlt, wenn man versagt hat, wenn man überfordert ist, wenn man sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet... Da ist es gut, wenn ein anderer für mich da ist, Zeit hat, mich wahrnimmt, mir aufhilft und mir Mut macht. Jeder von uns kann in bestimmten Situationen der Geringste sein, ebenso wie in Anderen wieder der Gebende, Starke. Auch Jesus war am Kreuz tatsächlich ein Geringster, wir befinden uns also in guter Gesellschaft! Ich darf schwach sein und andere um Hilfe bitten. Manchmal fällt das sehr schwer, kann aber so befreiend und entlastend sein, wenn man es einmal gewagt hat.Vielleicht bin ich ja gerade mit meinen vielen Aufgaben ein Geringster, dem Jesus Entlastung schenken will?

Ein zweiter Aspekt:Wenn ich im Hilfebedürftigen, den Geringsten sehe der von mir Hilfe benötigt und ich soll ihm begegnen wie wenn er Jesus wäre, kann ich ihm nicht geringschätzig und entmündigend begegnen. Jesus würde ich doch auch nicht bevormunden oder kleinmachen. Dem anderen mit Respekt zu begegnen trotz seiner Schwäche, darum geht es auch.

Ein dritter Aspekt: Anderen helfen soll keine fromme Pflichtübung sein unter der man stöhnt und die einen seelisch und körperlich auslaugt. Manches ist auch ohne viel Aufwand zu schaffen: z.B ein freundliches Wort oder eine kleine Hilfsbereitschaft.Wo mehr notwendig ist, stellt sich die Frage ob ich etwas anderes dafür sein lassen kann. Es ist die Frage was wirklich wichtig ist. Da kann es dran sein Gott um die Weisheit zu bitten das Wichtige zu erkennen und das Unwichtigere lassen zu können und um die Kraft und Motivation um dem Geringsten zu helfen. Ohne Gottes Geist geht es nicht, wenn ich es aus mir selbst heraus tue wird leicht eine bedrückende Last daraus, anstatt ein erfüllende Aufgabe, die ich gerne für meine Mitmenschen und für Jesus tue.

Wer ist nun der Geringste? In der Bibel sind Menschen in Notsituationen aufgezählt. Ich halte es jedoch für wichtig, konkrete Beispiele auch unserem Lebensumfeld im Blick zu haben. Ich hätte eine kleine Auswahl an Ideen wer das sein könnte: Die erschöpfte Mutter, der eine Entlastung für ein paar Stunden gut täte, die trauernde Witwe, die angesprochen werden möchte, die neuzugezogene Familie die dazugehören will, der Arbeitslose der Rücksichtnahme auf finanzielle Probleme benötigt, das Kind aus schwierigen Familienverhältnissen,das über eine Einladung zum Spielen glücklich wäre, das Gemeindeglied im Altenheim, dass sich über Besuch freut...
Sie können die Liste bestimmt fortsetzen.

Ich wünsche uns allen Gottes Geist, damit wir mutig gering sein und Gutes tun können.
Birgit Stroppel, Diakonische Bezirksstelle Brackenheim


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